Ihre Majestät als Hobbydetektivin

Royale Termine und Pflichtveranstatltungen sind manchmal zu etwas gut  - Queen Elizabeth II, stutzt, als ihr Blick bei einem Navy-Termin  auf ein paar dekorativ aufgehängte Bilder fällt. Hing das Bild der königlichen Yacht "Britannia" nicht jahrelang vor ihrem Schlafzimmer? Und wann verschwand "das schreckliche kleine Ding", wie das nicht sonderlich überragende Werk von Prinzgemahl Philipp despektierlich genannt wird? Ihre Majestät will es genau wissen - und da eine Königin fortgeschrittenen Alters kaum unauffällig detektivische Laufarbeit machen kann, verlässt sie sich in S.J. Bennetts Cozy-Krimi "Die unhöfliche Tote" einmal mehr auf ihre tatkräftige stellvertretende Privatsekretärin Rozie Oshodie.

In der Hörbuchversion gibt Sandra Voss den Royals und anderen Romanfiguren ihre Stimme. Während ich sie ansonsten als angenehm empfinde, konnte ich mich mit der Interpretation der Queen und vor allem von Prinz Philipp einfach nicht anfreunden. Zu oft klang das näselnd und geradezu meckernd. Möglicherweise sollte das abgehobene aristokratische Art wiedergeben, aber wer die Royals im O-Ton, etwa aus BBC-Dokumentationen kennt,  bleibt da eher not amused. Immerhin ist es ja gerade dieses messerscharf wohlmodulierte Englisch, dass sie von der Masse abhebt. Und dem wird diese Sprechweise überhaupt nicht gerecht, zumal Prinz Philipp ja eher sonor klang.

Das Rätsel um das künstlerisch nicht sonderlich wertvolle Bild, das für die Queen gleichwohl hohen emotionalen Wert hat, lässt sich noch ohne größeres Aufsehen angehen. Doch wie schon im Fall eines toten Russen im Kleiderschrank rückt auch im zweiten Band um die Queen als Hobby-Detektivin die Polizei im Buckingham Palace an. Eine Hausdame wurde tot im Hallenbad der Royals gefunden. Offenbar schnitt sie sich an der Scherbe eines zerbrochenen Weinglases so unglücklich die Ferse auf, dass eine Arterie zerschnitten wurde und die Frau verblutete.

Oder war es ganz anders? Je mehr Rozie über die Tote herausfindet, desto mehr Hinweise findet sie, dass dieser Todesfall besser genauer angeschaut wird - aber bitte ganz diskret, gilt es doch einen öffentlichen Skandal zu vermeiden. Die Tote, so stellt sich heraus, war in Kollegenkreisen ausgesprochen unbeliebt und Mobbing ausgesetzt. Ihre berufliche Entwicklung ist ebenfalls überraschend, galt sie in ihrer Jugend doch als vielversprechende Kunsthistorikerin in den Gemäldesammlungen ihrer Majestät.

Während Rozie recherchiert, stößt sie auf Ungereimtheiten. Ist in der Vergangenheit der Toten etwa auch der Schlüssel zum verschwundenen Britannia-Bild zu finden? Die Detektivarbeit scheint zumindest ungewünschte Aufmerksamkeit auf Rozie zu richten - sie erhält anonyme Schreiben, in denen sie rassistisch beleidigt wird.

Da die Autorin gleich mehrere Stränge zu einem nicht unkomplizierten Fall verbindet, empfand ich  "Die unhöfliche Tote" als nicht ganz so flüssig wie den ersten Band. Amüsant und mit einem ironischen Augenzwinkern führt sie ihre Leser aber einmal mehr durch Represäntationsräume, Geheimgänge und Dienstbotenquartiere des Palasts.  Lässiges Understatement und detaillierte Einblicke gibt es dabei gleichermaßen. Und die offenbar sorgfältige Recherche gibt Einblicke in den Palasthaushalt, die immerhin irgendwie möglich erscheinen. Wobei der Glanz durch marode Leitungen und Kabel durchaus getrübt wird.

Am schönsten sind  die trockenen Dialoge zwischen Queen und Prinzgemahl und die Überlegungen der Königin zu den aktuellen Entwicklungen - so steht in den USA gerade die Präsidentenwahl an, aber dieser merkwürdige Mr Trump hat doch sicherlich keine Chance?

Prinz Philipp ist mit seinen sarkastischen Bemerkungen und seinem sehr britischen Humor der heimliche Star des Buches. Bleibt die Frage, wie die Autorin in künftigen Büchern (die hoffentlich Folgen), die Lücke füllt, die der Tod des Herzog von Edinburgh nicht nur im Leben der Queen hinterlassen hat. Auch die Frühstückdialoge bei S.J. Bennett drohen da ihren Glanz zu verlieren. How very sad!

S.J. Bennett, Die unhöfliche Tote

Sprecherin Sandra Voss


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