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Abgedreht und aberwitzig

 Hörbücher können eine stundenlange Angelegenheit sein - das ist bei dem Hörspiel "Mord zu fünft" bei nicht einmal einer Stunde nicht der Fall. Aber diese Stunde hat es in sich! Nicht nur, dass eine Mordserie um kopflose Leichen, die unter skurrilen Begleiterscheinungen auftauchen, schon das Kopfkino anregt. Auch die Sprecher, unter ihnen Dietmar Bär, Anke Engelke, Gisela Schneeberger sind vom Feinsten und haben hörbar Spaß an aberwitzigen Dialogen, exzentrischen Charakteren und abgedrehtem Plot. Manchmal ist es ein bißchen klamaukig, dann aber wieder gespickt mit trockenem Humor und pointierter Sprache. Eigentlich ist der Fall um den pensionsreifen Kriminalhauptkommissar, einen Rechtsmediziner, der mit der Ermittlerin gerne Kaffeeklatsch und Obduktion verbindet ("Also Kaffee, Kekse, Leiche" - "Wenn Sie sich verspäten, macht´s nichts - es läuft ja nichts weg."), eine ziemlich durchgeknallte Psychiaterin mit Hypnosekenntnissen sind nur einige der Figuren di

Wandertour mit dramatischer Entwicklung

  Die Romane von Lucy Clarke sind, und das ist positiv gemeint, eine sichere Bank: Spannende, aber nicht zu blutige Thriller in schöner Landschaft, in denen sich Frauenfreundschaften bewähren müssen. Von diesem erwartbarem Schema weicht auch "The Hike" nicht ab: Die Freundinnen Maggie, Helen und Liz brechen zu ihrem jährlichen gemeinsamen Urlaub auf. Jedes Jahr darf eine andere das aussuchen. Die Ärztin Liz hat zur Überraschung ihrer Freundinnen einen Trekkingurlaub in Norwegen gewählt und, gut durchorganisiert wie sie nun einmal ist, den anderen beiden gleich einen Trainingsplan aufgestellt. Zu dumm, dass die alleinerziehende Maggie und Karrierefrau Helen auf die Umsetzung verzichtet haben. Was die beiden anderen wiederum nicht wissen: Die Wanderung ist für Liz auch eine Art Flucht vor den Problemen in ihrer Ehe. Völlig überraschend stößt dann in Norwegen auch Jonie, die vierte der in ihrer Schulzeit unzertrennlichen Freundinnen dazu. Als internationaler Rockstar hat sie sic

Schräge Parodie auf Koch- und Backshows

 Mit "Schnitzel Suprise" hat Markus Heitz die Welt der Koch- und Backshows aufs Korn genommen und beschreibt mit schrägem Humor und überdrehtem Plot die Abenteuer von Thom, der es fast mal zu einem Michelin-Stern geschafft hat, nun aber doch nur der Wirt des Schnitzel-Ecks ist, einer Kneipe, die irgendwie in den 80-er Jahren stehengeblieben ist und in der die Pleite stets nur um die Ecke zu sein scheint. Also so gar kein telegener Szenewirt - bis ihm der hippe TV-Produzent Max ein Angebot macht, dass Thom nicht abschlagen kann: Er stellt Thom in den Mittelpunkt von Koch-Formaten aller Art. Das wird dem Schnitzelwirt zwar schon bald zu viel, aber er kommt da nicht mehr raus. Statt dessen gibt es Ärger mit der Lebensmittelaufsicht, mit der Ex und die Sorge um den 60-jährigen Azubi Boris, der an Allergien und Unverträglichkeiten alles aufzuweisen hat, was da so existiert. In der Hörbuchfassung hat Sprecher Thomas Nicolai hörbar Spaß an der durchgedrehten Geschichte und läuft zu

Ein Leben voller Täuschungen

 Auf den ersten Blick hat Evie Porter das große Glück gefunden: Der wohlhabende, gutaussehende Ryan hat sich Hals über Kopf in die junge Frau verliebt und sie wohnt bereits in seiner säulengeschmückten Südstaatenvilla. Einigen von Ryans Freunden geht das schon ein bißchen zu schnell - ist Evie womöglich nur auf Ryans Geld aus und wird ihm das Herz brechen? Das Kennenlernen bei einer angeblichen Autopanne war in der Tat inszeniert. Aber Evie hat eine ganz andere Agenda - und sie heißt auch nicht Evie, sondern Lucca und ist Trickbetrügerin im Auftrag eines Unbekannten, den sie nur als Mr Smith, eine Stimme vom Telefon, kennt. In Ashley Elstons Thriller "wer zuerst lügt" geht es um Täuschung und Betrug auf vielen Ebenen. Denn auch Ryan hat einige Geheimnisse vor Evie. Noch komplizierter wird es, als ein Jugendfreund Ryans auf einer Party mit seiner neuen Freundin auftaucht, die Evie nicht nur ausgesprochen ähnlich sieht, sondern als Lucca Marino vorgestellt wird - Evies richtige

Tintenfischmäuler und Wahlverschwörungen

 Verschwörung, Triaden und Schüsse auf den Präsidenten - Mit "Die Kugeln des Bösen"sorgt Chang Kuo Li für eine interessante Mischung. Ein Kommissar im Ruhestand und ein ehemaliger Scharfschütze müssen zusammenarbeiten und wenige Tage vor der Präsidentenwahl in Taiwan herauskriegen, wer in der heißen Phase des Wahlkampfs auf den Präsidenten geschossen hatte - der mit einer Fleischwunde davon kam. Viel dringender ist für das Ermittlerduo die Frage: Wer lockte den Scharfschützen Alex mit einer angeblich von Ex-Kommissar Wu stammenden Nummer an den Tatort, damit Alex prompt unter Tatverdacht gerät? Das könnte ein Feuerwerk a la "Bullet Train" werden und hat auch zahlreiche spannende und dramatische Momente, doch gleichzeitig erzählt Li lässig und abgeklärt, ironiegetränkt und mit einem gewissen Augenzwinkern. In manchen Momenten ist das perfekte Gericht oder Gebäck wichtiger als der aktuelle Fall, dann wiederum philosophiert Wu mit Triadenbossen über väterliche Pflichte

Bettenfabrikant und Bürgermeisterin

 Bei aller Vorhersehbarkeit - i ch mag die Romane von Jonas Jonasson, in denen exzentrische aber liebenswerte Charaktere allen Widerständen trotzen, durch ihre Besonderheit bezaubern und von Seite zu Seite mehr Wohlfühlatmosphäre entsteht. Doch mit seinem neuesten Buch, "Wie die Schweden das Träumen erfanden" hat mich der Autor enttäuscht. Das höchste der Gefühle ist ein "ganz nett". Da kann auch Sprecherin Shenja Lacher nichts mehr ausrichten, die das Hörbuch interpretiert. Die Geschichte vom deutschen Bettenfabrikanten, der nach Skandinavien expandieren will, und der schwedischen Bürgermeisterin, die ihre vom Niedergang bedrohte Kleinstadt retten will, plätschert irgendwie vor sich hin, die Charaktere bleiben blass, selbst der Schurke, ein Stockholmer Consultant, hinkt weit hinter den Bösewichten anderer Jonasson-Romane hinterher.  Mit gerade mal dreieinhalb Stunden Hörzeit wirkt das (Hör-)Buch wie eine gerade mal eben so hingeschlonzte Auftragsarbeit, auf die der

Mordermittlung für eine Erbschaft

  Mit diesem Satz des Klappentextes war meine Neugier auf Kristen Perrins Cozy-Krimi "Das Mörderarchiv" geweckt: "Tante Francis dachte immer, dass sie eines Tages umgebracht wird. Sie hatte recht." Ein Verstoß gegen alle Krimi-Regeln  und Spoiler-Verbote? Keineswegs, denn es bleibt genügend Rätselstoff übrig, nicht zuletzt dank Tante Francis, die ihre Großnichte Annie auf Mörderjagd schickt. Kleines Problem für Annie, eine bisher gescheiterte Autorin von Kriminalromanen: Sie ist zwar mit ihrer Boheme-Mutter im Londoner Stadthaus von Frances aufgewachsen, hat die alte Dame aber nie persönlich betroffen. Eigentlich wollte Annie auf Einladung von Tante Frances´ Anwalt nur für einen Tag ins lauschige Dörfchen Castle Noll in der Grafschaft Dorset fahren, um dort über eine Testamentsänderung in Kenntnis gesetzt zu werden. Doch dann wird die Verlesung des Testaments schneller nötig als gedacht, denn der Besuch bei der Tante führt zur Entdeckung der Leiche.... Annie hat die