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Showing posts from May, 2021

Richter voller Zweifel an Gerechtigkeit

   Schuld, Gerechtigkeit und irgendwo dazwischen steht das Gesetz. In Markus Thieles Justizroman "Die Wahrheit der Dinge" geht es um einen Richter in privater und beruflicher Krise, den Vorsitzenden einer Strafkammer, der plötzlich an sich und seiner Urteilsfähigkeit klagt, während sein jüngstes Urteil nicht nur eine mögliche Revision durch den Bundesgerichtshof, sondern auch eine Familienkrise heraufbeschwört. Herbers Schäfer als Sprecher gibt ihm eine sonore und doch angenehm zurückhaltende Stimme, der man gerne zuhört. Es wäre das fünfte Urteil, das der BGH kippt - für Frank Petersen ein Grund, plötzlich alles zu hinterfragen. Ist er voreingenommen, wie seine Frau es ihm vorwirft? soll er erst einmal eine gesundheitlich begründete längere Auszeit nehmen, wie seine Gerichtspräsidentin ihm vorschlägt? "Die Wahrheit der Dinge" ist kein Justizthriller a la Grisham, wie ja auch ein Strafprozess in einem deutschen Gerichtssaal nicht dem Schlagabtausch wie in den USA od

Schafft sie das? Ex-Kanzlerin als Hobby-Ermittlerin

Endlich raus aus dem Kanzleramt! Doch was macht eine langjährige Krisenmanagerin wie Angela Merkel als Rentnerin?  In "Miss Merkel" geht David Safier genau dieser Frage nach. Herausgekommen ist ein Cozy-Krimi, in dem die Ex-Kanzlerin zur Hobby-Detektivin wird und ganz neue Seiten an sich entdeckt.  Nana Spier als Sprecherin trifft dabei so manches Mal den Merkel-Tonfall, gerade wenn es um kurze, trockene Bemerkungen geht. Gleichzeitig versucht sie aber nicht, als stimmliches Kanzlerin-Double zu punkten und so vielleicht vom Rest der Handlung abzulenken. Kann man mit einem Augenzwinkern sprechen? So hört es sich nämlich an - und das passt auch gut zur unterhaltsamen Note von "Miss Merkel." Die frisch verrentete Ex-Kanzlerin hatte sich alles so schön vorgestellt: ein idyllisches Kleinstädtchen in der Uckermark, in das sie sich mit Ehemann Joachim Sauer zurückziehen kann - der den Abstand aus der aktiven Politik, verhassten Programmpunkten im Damenprogramm der G7-Gipfe

Hebamme auf der Spur von Klinikskandal - Der Himmel über der Stadt

 Selbst wenn ich für historische Romane nichts übrig hätte - die Hörbücher der Hulda-Gold-Reihe über eine junge Hebamme im Berlin der 1920-er Jahre wären für mich auf jeden Fall ein Muss. Das liegt nicht zuletzt an der Sprecherin, Anna Thalbach. Die ist für mich eine großartige Schauspielerin und auch wenn sie "nur" ihre Stimme zur Verfügung hat, schafft sie es, den Figuren des Romans ein Gesicht zu geben, mal als Berliner Göre, mal im Hamburger Platt, mit Nuancen und Akzentuierungen, die die Figuren in soziale Milieus einordnen und Kopfkino entstehen lassen. Ein echter Hörgenuss also. Außerdem hat Autorin Anne Stern mit dem Berlin der Weimarer Republik ein faszinierendes Setting geschaffen. Wie bereits in den beiden vorangegangenen Büchern steht die Handlung von "Der Himmel über der Stadt" im Gesamtzusammenhang einer quirligen, zugleich aber tiefst fragiler Zeit voller sozialer und politischer Spannungen. Der Erste Weltkrieg und die globale Wirtschaftskriege stehen

Liebenswert und very British - vier Senioren auf Mörderjagd

 Die Haare mögen schütter geworden sein, die Gelenke knarren und das Gehör hat auch schon mal besser funktioniert. Kein Grund, Senioren zu unterschätzen, und keinesfalls das betagte aber putzmuntere Quartett in Richard Osmans "Donnerstagmordklub" Die vier Bewohner einer exklusiven Seniorenwohnanlage im  ländlichen Kent haben sich zusammengefunden, um unaufgeklärte Mordfälle zu lösen. Fälle, die einst Gründungsmitglied Penny, ehemalige Detective Inspector, mit in den Ruhestand nahm.  Mittlerweile liegt Penny nach mehreren Schlaganfällen auf der Pflegestation. Ihre Freundin Elizabeth, die auf eine mysteriöse Geheimdienstvergangenheit zurückblicken kann, hat daher die ehemalige Krankenschwester Joyce zum Club dazugeholt - mit ihren medizinischen Fachkenntnissen und ihrer scheinbaren Arglosigkeit eine ideale Ergänzung. Dem Club gehören außerdem noch der einstige Psychiater Ibrahim an, der sich mit Schwimmen und Pilates fit hält und auch technisch auf dem neuesten Stand ist sowie

Ein Roadtrip voller Erkenntnisse

Eigentlich steht Sebastian Fitzek ja eher für die Art Spannung, die dem Leser (oder Hörer) die Fingernägel aufrollt und an den Nerven zerrt. Nicht unbedingt etwas für allzu zart Besaitete. Um die hardcore-Fitzek-Fans nicht auf eine falsche Fährte zu locken, gibt es daher gleich im Untertitel von "Der erste letzte Tag" den Hinweis:  „Kein Thriller“. Wem mehr nach Serienmördern und nicht immer subtilem Schrecken zumute ist, mag enttäuscht sein. Für alle anderen gilt: Fitzek beherrscht auch die leichte Tonart. Und ein bißchen Blut und Schmerzenslaute gibt es auch hier. Doch es überwiegen Heiterkeit, Selbsterkenntnis und eine zunehmend bittersüße Melancholie. Simon Jäger als Sprecher der Hörbuchversion schafft es dabei, den richtigen Ton zu finden - ohne Klamauk, ohne Übertreibung, aber mit dieser Leichtigkeit, die ja gerade eine Herausforderung ist. Er nähert sich den Charakteren mit liebevoller Distanz, gelegentlich einer Prise Ironie und schafft es, die angemessene Balance zwi