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Showing posts from January, 2022

Senioren, Spione und das internationale Verbrechen

  Was haben der britische Inlandsgeheimdienst MI5, organisierte Kriminalität und die Bewohner einer idyllisch gelegenen Seniorenresidenz mit gehobenem Lebensstil miteinander gemeinsam? Sehr viel, wenn eine der Seniorinnen Elizabeth Best ist, ehemalige Geheimagentin und auch mit 70plus nicht willens, sich mit Handarbeiten, Museumsbesuchen  und Kaffeekränzchen den Alltag zu gestalten. Im zweiten Band um den Donnerstagsmordclub bringt der britische Autor Richard Osman einiges von Elizabeth schillernder Vergangenheit in die Handlung, angefangen von ihem Ex-Mann Douglas, der aus gutem Grund ein Ex ist. In "Der Mann, der zweimal starb", taucht Douglas erneut in Elizabeths Lebens auf, muss er doch in der Seniorenresidenz auf Tauchstation gehen, da ein internationaler Waffen-Broker ihm an den Kragen will. Er verdächtigt Douglas - nicht zu Unrecht - Diamanten im Wert von 20 Millionen Dollar gestohlen zu haben, die eigentlich einer New Yorker Mafiafamilie gehören. Und die versteht kein

Die Ministerin und der Warlord - Ex-Außenministerin Clinton schafft literarisches Alter Ego

  Wenn eine ehemalige Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin einen Politthriller schreibt, in dem es um Schurkenstaaten, arrogante Verbündete und einen unfähigen und populistischen Ex-Präsidenten geht, stellt sich automatisch die Frage: Wie viel von Hillary Rodham Clintons eigenen Erfahrungen und Erlebnissen ist hier eingeflossen? Die fiktive Handlung jedenfalls ist in ein Setting eingebettet, das irgendwie vertraut klingt - sei es der russische Präsident Ivanov als kalter Machtmensch mit Dominanzgehabe, der arrogante britische Premierminister mit elitärem Privatschul-Hintergrund oder der Ex-Präsident, der mit reichlich Goldprunk in Florida residiert und einen eigenen Golfplatz hat. Hat sich Clinton gemeinsam mit ihrer Co-Autorin Louise Penny an alten Gegnern und politischen Narben abgearbeitet? Mag sein, dass das Schreiben einen gewissen therapeutischen Effekt hatte, mag sein, dass die ehrgeizige Politikerin das literarische Feld nicht allein dem Gatten überlassen wollte, der

Liebe gegen alle Widerstände

 Bildhafte Sprache, eine Geschichte zwischen Fabel und Realitä, Liebe, Trauma und Erinnerung - in Elif Shafaks "Das Flüstern der Feigenbäume" kommt viel zusammen. Ich wurde auf die Autorin erstmals aufmerksam, als ich ihren Roman "Unerhörte Stimmen" las, der mich begeisterte.  Ihr neues Buch behandelt zwar ein ganz anderes Thema, hat aber ebenfalls eine metaphysische Ebene - nur dass diesmal keine Toten sprechen, sondern ein Feigenbaum, der in einem englischen Garten der Kälte trotzt. Im Mittelpunkt steht die verbotene Liebe von Kosta und Defne, für die es in ihrer Heimat Zypern keinen Platz gibt: Kosta ist Grieche, Defne Türkin. Noch sind die Ethnien nicht durch Teilung und Vertreibung nicht getrennt in den Norden und den Süden, sondern leben neben- aber auch gegeneinander. Der sensible Kosta und die energische Defne können sich nur heimlich treffen. Ihre Zuflucht wird die Taverne "Zur glücklichen Feige", deren Wirte Jorgos und Yussuf, wie sich herausstel

Ihre Majestät als Hobbydetektivin

Royale Termine und Pflichtveranstatltungen sind manchmal zu etwas gut  - Queen Elizabeth II, stutzt, als ihr Blick bei einem Navy-Termin  auf ein paar dekorativ aufgehängte Bilder fällt. Hing das Bild der königlichen Yacht "Britannia" nicht jahrelang vor ihrem Schlafzimmer? Und wann verschwand "das schreckliche kleine Ding", wie das nicht sonderlich überragende Werk von Prinzgemahl Philipp despektierlich genannt wird? Ihre Majestät will es genau wissen - und da eine Königin fortgeschrittenen Alters kaum unauffällig detektivische Laufarbeit machen kann, verlässt sie sich in S.J. Bennetts Cozy-Krimi "Die unhöfliche Tote" einmal mehr auf ihre tatkräftige stellvertretende Privatsekretärin Rozie Oshodie. In der Hörbuchversion gibt Sandra Voss den Royals und anderen Romanfiguren ihre Stimme. Während ich sie ansonsten als angenehm empfinde, konnte ich mich mit der Interpretation der Queen und vor allem von Prinz Philipp einfach nicht anfreunden. Zu oft klang das

U-Bahn-Fahrt des Schreckens - Timur Vemes ist wieder da

 Er ist wieder da: Mit "U" hat Timur Vermes seinen dritten Roman veröffentlicht, im Gegensatz zu "Er ist wieder da" und "Die Hungrigen und die Satten" handelt es sich aber nicht um eine Politsatire, sondern um ein Stück fantastischer Literatur mit einem gewissen Horroreffekt. Dennn als die Ich-Erzählerin in einer namenlosen Großstadt in eine U-Bahn steigt, nur fünf Haltestellen von der Wohnung einer Freundin und der bereits herbeigesehnten Dusche entfernt, wird aus der vermeintlich kurzen Strecke ein Fahrt des Schreckens. In der zweistündigen Hörbuchfassung dominiert die Gedankenwelt der Erzählerin, gesprochen von Eva Meckbach, den Erzählfluss, auch wenn mit Shenja Lacher, Timo Weißschnur und Katharina Pütter noch drei weitere SprecherInnen vertreten sind. Doch neben den Dialogen ist es vor allem der in atemlosen Staccato und Minisätzen vorgetragene  innere Monolog, der "U" prägt. So wie Gedankn von einem Punkt zum nächsten fliegen, so geschieht