Hartnäckige Ermittlerin trotzt FSB-Intrigen

 Es gibt Länder, da kann es für ehrliche Polizisten eine Herausforderung sein, integer zu bleiben. Natalia Iwanowna, Ermittlerin bei der Polizei in Sankt Petersburg, weiß das nur zu gut. So ganz ohne Trickserei kommt auch die Beamtin nicht durchs Leben - um den 18-jährigen Stiefsohn vor der Einziehung zum Militär und möglicherweise einem Einsatz in der Ostukraine zu bewahren, braucht er einen Studienplatz - und dabei zählen Schulnoten weniger als das Bestechungsgeld für den Verantwortlichen an der Hochschule. Ehemann Mischa, ebenfalls Polizist, nimmt die Regeln womöglich etwas lockerer, fürchtet Natalia - und sie weiß nicht, ob ihre Ehe den Verdacht, Mischa könne sich schmieren lassen überleben.

Ein neuer Fall lässt der Kommissarin in G.D. Absons (Hör-)Buch "Tod in den Weißen Nächten" allerdings wenig Zeit zum Grübeln. Zena, die Tochter eines schwerreichen schwedischen Industriellen, ist nach einer alkohollastigen Partynacht verschwunden. Eine Entführung ist nicht auszuschließen, angesichts des Reichtums des Vaters sogar wahrscheinlich. Oder ist Zena abgetaucht, auf der Suche nach ihren biologischen Eltern? Denn sie wurde, so erfährt Natalia, aus einem russischen Waisenhaus adoptiert, als ihr Vater in den wilden 90-er Jahren im postsowjetischen Land Geschäfte machte. Inzwischen kümmert sich sein russischer Anwalt und Geschäftspartner um die russischen Firmen.

Dass Niels Dahl sich allerdings so zur Vergangenheit und den Umständen der Adoption ausschweigt, macht Natalia misstrauisch, auch dann, als in einem Park eine verkohlte Leiche gefunden wird. Auf der Suche nach den Tätern halten sich Natalias Kollegen an die üblichen Verdächtigen, sprich eine Gruppe zentralasiatischer Arbeiter, die den Fund der Leiche gemeldet hatten. Bei einem der Männer wird Zenas Handtasche gefunden. 

Natalia aber will sich mit dieser scheinbar einfachen Lösung nicht zufrieden geben: Warum wurde die Leiche zur Unkenntlichkeit verbrannt, die Tasche aber, die eine Identifizierung erleichtert, unversehrt daneben liegen gelassen? Die Polizistin ist überzeugt, dass sie es mit einem inszenierten Tatort zu tun hat und alles eigentlich ganz anders ist. Was verschweigt Dahl, und warum zeigt der Inlandsgeheimdienst FSB plötzlich Interesse an dem Fall?

Natalia sieht sich mit einem Netz aus Lügen und Intrigen konfrontiert, in dem bald nicht mehr klar ist, wem sie vertrauen kann. Jeder Fortschritt bei den Ermittlungen bedeutet aber erhöhten Druck auf die Polizistin, die Einschüchterungsversuchen und Gewalt ausgesetzt ist. Spannend, wenn auch manchmal verwirrend, geht es in diesem Roman um eine toughe und hartnäckige Ermittlerin zu, der Sabine Swoboda als Sprecherin eine sehr gut passende Stimmw gibt - mal abgeklärt, mal verletzlich, voller Zweifel und doch entschlossen, die Wahrheit zu finden.

Für Leser/Hörer wird das Petersburg der aufgeputschten weißen Nächte, in denen jeder feiert und Schranken fallen lässt, nachvollziehbar. Atmosphärisch dicht mit viel Lokalkolorit und immer wieder neuen Überraschungen bleibt "Tod in den weißen Nächten" bis zum Schluss rasant. 


G.D. Abson, Tod in den Weißen Nächten

Gesprochen von Sabine Swoboda

12 Stunden 40 Minuten, 12,99

9783803292674

 

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