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Was wurde aus Gereon Rath? Besuch in einer Seniorenresidenz

Mit «Rath», dem zehnten Band der historischen Krimis um den Berliner Ermittler Gereon Rath, hatte Volker Kutscher im vergangenen Jahr die düstere Atmosphäre der Reihe noch einmal auf die Spitze getrieben. Tod, Verrat und Gewalt allerorten, im Berlin des Jahres 1938 ohnehin, aber auch im Leben seiner Protagonisten. Das passte zum Noir-Charakter der Reihe,  sosehr manche Leserinnen und Leser auf einen optimistisch-versöhnlichen Schluss gehofft haben mögen. So ganz haben Gereon Rath, Charlotte Richter und die anderen Figuren des Romans den Autor aber wohl doch nicht losgelassen - mit «Westend» wird nun die Reihe außerhalb der Reihe in Form eines illustrierten Romans in Zusammenarbeit mit der Illustratorin Kat Menschik ergänzt. Und ein Hörbuch gibt es auch - mit so bekannten Schauspielernamen wie Walter Kreye, Leslie Malton, Timo Weisschnur und Julian Mehne als Sprecherin und Sprecher. Entsprechend erinnert das Audiobook an eine Art Kammer-Hörspiel. Besonderes Detail - Mit zwei Stunden...

Dickhäuter an der Spree

  Von Gaea Schoeters Roman "Die Trophäe" war ich sprachlich und inhaltlich begeistert - die Spannung auf ihren neuen Roman "Das Geschenk" war also groß. Vergleichen lassen sich beide Bücher nicht, Schoeters  hat sowohl einen anderen Stil als auch ein anderes Thema gewählt (auch wenn es in gewisser Weise durchaus um Afrika geht). Aber auch diesmal wieder großes Lesevergnügen, diesmal mit einer etwas heitereren und zugleich bissigen Note und scharfsinnigem Blick der flämischen Autorin auf den (Berliner) Politikbetrieb. In der Hörbuchversion ist Sprecher Johann von Bülow lässig-souverän und setzt den Charakter des Romans passend um Vermutlich war es eine kleine Zeitungsnotiz, die Schoeters zu ihrem neuen Roman inspirierte, als nämlich der Präsident Botswanas nach deutscher Kritik am geplanten Abschuss tausender Elefanten damit drohte, einfach die Elefanten stattdessen ins ach so besorgte Deutschland zu schicken. Genau dies geschieht in "Das Geschenk" - plötzl...

Die Vier vom Donnerstagsmordclub als Codeknacker

 Andere Senioren mögen Kreuzworträtsel lösen und Gedächtnistraining machen - das Quartett des Donnerstagsmordclub betätigt sich statt dessen als Codeknacker in Richard Osman´s "Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code." Von Ruhestand kann bei den mittlerweile immerhin über 80-Jährigen trotz scheinbar beschaulicher Seniorenresidenz wirklich keine Rede sein. Dabei hatte ich schon befürchtet, der vierte Band könnte so eine Art Schwanengesang sein. Doch weit gefehlt - auch wenn das Alter und seine Einschränkungen durchaus zu Einschränkungen führen und der Gedanke an die eigene Endlichkeit nie ganz weg - Joyce, Elisabeth, Ibrahim und Ron stellen sich auch weiter den Herausforderungen.  Im Fall von Joyce: Die Hochzeit ihrer Tochter. Endlich! Und sogar mit einem ausnehmend sympathischen Schwiegersohn! Im Fall von Ron: Seinen Schwiegersohn hat er ja noch nie sonderlich gemocht. Aber dass die Ehe seiner Tochter mit einem koksenden Kriminellen von Gewalt geprägt ist, das hat er n...

Miss Merkel und der tote Weihnachtsmann

 Noch verfärben sich die Blätter, doch bei Altkanzlerin Miss Merkel in der Uckermark weihnachtet es sehr. Und natürlich gibt es, wenn David Safier die Ex-Kanzlerin samt Entourage ermitteln lässt, schon bald die erste Leiche: Ein toter Weihnachtsmann steckt im Kamin der Merkels fest. Was diese erst im neuen Jahr bemerkt hätten, wenn sie ihren Weihnachtsurlaub bei den Obamas auf Hawaii nicht vorzeitig abgebrochen hätten.  Dass die beiden weder im Whirlpool noch in der Strandvilla so gar nicht die Hände voneinander lassen können, hat die Gäste ebenso genervt wie makrobiotische Gemüseshakes. Bodyguard Mike wiederum litt unter der Häme der Secret Service Beamten, die über seinen Bauchansatz lästerten. Nein, dann doch lieber die Gemütlichkeit der Uckermark mit Weihnachtsplätzchen ohne Schuldgefühlen! Auch in besinnlicher Weihnachtsatmosphäre lässt sich Hobby-Ermittlerin Merkel nicht vom wesentlichen Ablenken, nämlich der Frage: Wer hat einen mörderischen Hass auf Weihnachtsmänner en...

Ein Serienmörder im Revier der Tegernsee-Cops?

 Andreas Föhrs Tegernsee-Kommissare haben Kultcharakter - der dauerfröstelnde Kriminalkommissar Wallner und der unorthodoxe "Leichen-Leo" Kreuthner, der zwar eigentlich zur uniformierten Polizei gehört, aber eigentlich auch Kripo-Mitglied ehrenhalber sein könnte. Das gilt umso mehr, wenn Michael Schwarzmeier in der Hörbuchversion den Beamten mit spürbarem Vergnügen seine Stimme leiht. Der nunmehr zwölfte Band der humorigen Regionalkrimi-Reihe, "Bodenfrost", war für mich daher ein Muß und hat einmal mehr überzeugt. Föhr führt einmal mehr durch mehrere Zeitebenen: Ausgerechnet beim Kinderfest der Miesbacher Polizei, organisiert von Kreuthner, wird die Leiche eines Brauereibesitzers gefunden. Der Name lässt aufhorchen - da war doch erst vor wenigen Wochen was? Die Ehefrau des Mann war am Steilufer der Mangfall aufgefunden worden, mit Amnesie und offenbar suizidgefährdet, kurz nach einer Vermisstenmeldung des kontrollverliebten Gatten. Keine gute Ehe, wie sich zeigt, ge...

Vogelfreunde als Hobby-Detektive

  Vogelbeobachter - auf neudeutsch birder - stehen ja wegen ihres Hobbys im Ruf, womöglich ein bißchen kauzig zu sein. In Anna Täubers Cozy-Krimi "Schräge Vögel" trifft das weitgehend zu. Altphilologin Katja ist zwar durchorganisiert und hat jederzeit ein passendes lateinisches Zitat parat, aber Sozialkompetenz gehört nicht zu ihren Stärken. Ist es da ein Wunder, dass ihre beste Freundin ein Huhn ist? Der grummelige Rentner Harald, einst Forensiker, hadert ganz generell mit der modernen Zeit und ist ein ziemlicher Messie.Sabine dagegen überfordert die  übrigen Birder in bayrischen Traunstein mitunter mit ihrer mütterlichen Art, obwohl sie mit einer pflegebedürftigen Mutter und einem pubertierenden Sohn schon ziemlich ausgelastet ist. Thilo, der jüngste im Bunde, ist unter die Birder gegangen, weil er hofft, so das Interesse einer klimabewegten jungen Frau zu gewinnen, in die er sich aus der Ferne verknallt hat.  Und dann ist da noch Frank, über den weder die anderen Birde...

Die Erbin und die Geheimnisse des Mörderarchivs

  "Das Mörderarchiv" von Kristen Perrin war ein charmanter Cozy-Krimi, in dem die bislang erfolglose Krimischriftstellerin Annie sich als Hobby-Detektivin  betätigen musste, um an das Erbe ihrer Großtante zu kommen und deren Mord aufzuklären. Nun gibt es einen Folgeband - "Der Tod, der am Dienstag kommt". Und auch in der Hörbuchversion ist mit Anne Düe eine vertraute Stimme dabei, die Annie mit all ihren Zweifeln , Ängsten und Ermittlungsversuchen gelungen einfängt. Annie ist mittlerweile Bewohnerin des stattlichen Herrenhauses ihrer Großtante, aber ihr Kriminalroman ist immer noch nicht vorangekommen. Liegt es am allgemeinen Verdruss Annies, die sich in der malerischen Kleinstadt Castle Knoll eher ungeliebt und außen vor vorkommt? Nicht ganz unschuldig dürfte das Mörderarchiv der Tante sein, in dem es nicht nur um Mord ging, sondern die Geheimnisse der Einwohner akribisch aufgeführt wurden. So was sorgt natürlich nicht unbedingt für entspannte Beziehungen. Als die ...